Ein kreativ interpretiertes Gesetz erlaubt die �berwachung aller Facebook- und Google-Aktivit�ten britischer B�rger. Dabei h�tte es sie davor sch�tzen sollen.
Die britische Regierung hat einen fast schon bewundernswert dreisten Weg gefunden, die Privatsph�re ihrer B�rger abzuschaffen und der Massen�berwachung im Internet den Weg zu ebnen. Britische Geheimdienste d�rfen dank semantischer Tricks soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter beinahe nach Belieben �berwachen, die Schutzvorkehrungen f�r die eigene Bev�lkerung sind wenig wert. Es ist ein weiteres Beispiel daf�r, wie Regierungen und Geheimdienste durch kreatives Interpretieren von Gesetzen ihre Befugnisse erweitern, auf Kosten der Grundrechte.
Aber der Reihe nach: Als Folge der Snowden-Enth�llungen haben Privacy International und einige andere Organisationen eine Beschwerde beim Investigatory Powers Tribunal eingereicht. Dieses von der Regierung unabh�ngige Tribunal ist Ansprechpartner f�r jeden, der etwas gegen die �berwachungsmethoden der britischen Geheimdienste einzuwenden hat. Ziel der Beschwerdef�hrer ist es unter anderem, die britische Regierung zu zwingen, den gro�en Datenstaubsauger des britischen Geheimdienstes GCHQ ? Codename Tempora ? zu stoppen. Tempora ist ein Programm, in dessen Rahmen der Geheimdienst ? in Kooperation mit der NSA in den USA ? den Datenverkehr �ber die transatlantischen Glasfaserkabel absch�pft.
Im Verlauf dieser juristischen Auseinandersetzung hat ein gewisser Charles Farr erkl�rt, warum die GCHQ auch die Kommunikation unverd�chtiger B�rger �berwachen darf, obwohl das britische Recht sie eigentlich davor sch�tzen sollte. Farr ist der Generaldirektor des britischen Office for Security and Counter Terrorism, das die Regierung im Antiterrorkampf ber�t.
Die B�rgerrechtler haben heute seine knapp 50-seitige Erkl�rung ver�ffentlicht. Ab Seite 37 des Dokuments wird klar, dass die Regierung das Konzept Internet absichtlich falsch versteht, um ihren Geheimdiensten weitreichende �berwachungsbefugnisse zugestehen zu k�nnen.
Grundlage daf�r ist ein Gesetz namens Regulation of Investigatory Powers Act, kurz Ripa. Es besagt, dass die Geheimdienste "externe Kommunikation" auch dann �berwachen d�rfen, wenn sie von britischen Staatsb�rgern gef�hrt wird. Sie ben�tigen daf�r nur eine sehr allgemeine Vollmacht. F�r die �berwachung "interner Kommunikation" dagegen braucht sie einen Verdacht und eine entsprechend individuelle Genehmigung des Innen- oder Justizministeriums.
Externe Kommunikation ist laut Ripa jede Kommunikation, die au�erhalb der britischen Inseln gesendet oder empfangen wird. Und hier beginnt die Verdrehung: Die Regierung betrachtet die Server von Unternehmen wie Google, Facebook und Twitter als Sender und Empf�nger. Wer etwas bei Google sucht, so hei�t es in Farrs Aussage, schickt eine Suchanfrage an den Server, und der antwortet mit dem Versand einer Suchergebnisseite.
Und weil die Server dieser Plattformen meistens au�erhalb Gro�britanniens stehen, ist alles, was ein Brite mit den Plattformen macht, zun�chst einmal "externe Kommunikation". Dass au�er dem britischen Staatsb�rger kein anderer Mensch beteiligt ist, k�mmert die Regierung nicht.
Abgefangen wird sowieso alles
Das gleiche gilt f�r alles, was ein Brite auf Facebook postet. Weil es keinen einzelnen Empf�nger in Gro�britannien gibt, betrachtet der Geheimdienst einfach die Facebook-Server als Empf�nger. Die �berwachung der sozialen Netzwerke endet erst da, wo ein Brite einem anderen eine direkte Nachricht zukommen l�sst.
Abgefangen wird aber zun�chst einmal alles, was �ber die transatlantischen Glasfaserkabel in die USA oder zur�ckkommt. Denn weil selbst E-Mails von einem Briten zu einem anderen oft �ber die USA geroutet werden, ist es technisch nicht m�glich, die Trennung von interner und externer Kommunikation schon vor dem Abfischen vorzunehmen. Deshalb wird nach dem Abfischen alles daraufhin untersucht, ob es in die externe oder interne Kategorie f�llt.
Diesen Vorgang aber werte die Regierung nicht als Verletzung der Privatsph�re, kritisiert Privacy International. So �hnlich denken auch die US-Amerikaner: Das blo�e Sammeln und Speichern von Millionen von Daten ist f�r sie noch keine �berwachung.
Deshalb gilt f�r jede Reform der Geheimdienstgesetze, ob in den USA, in Gro�britannien oder irgendwann vielleicht auch in Deutschland: So lange es m�glich ist, durch geschickte Formulierungen und Spitzfindigkeiten in Gesetzestexten mehr zu �berwachen, als es der Geist des Gesetzes eigentlich vorsieht, werden Geheimdienste genau das tun.
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