Nie zuvor konnte der Zuschauer ein Turnier �ber so viele verschiedene Wege verfolgen. Der Second Screen im Netz bietet neue Perspektiven ? allerdings auch Nachteile.
90 Sekunden sind im Fu�ball eine Ewigkeit. Was alles in anderthalb Minuten passieren kann, dar�ber werden die Fu�ballfans bei dieser Weltmeisterschaft noch oft diskutieren. Insbesondere dann, wenn sie die Spiele nicht direkt am Fernseher, sondern per Internet auf einem Smartphone oder Tablet verfolgen. Denn beim Streaming vergeht viel Zeit, bis ein Tor auf dem Display erscheint.
Fu�ball-Gro�ereignisse wie die WM in Brasilien sind ohne die moderne Technik nicht vorstellbar. Nie zuvor konnte man die Spiele eines Turniers �ber so viele verschiedene Wege empfangen. Zum konventionellen Empfang via Antenne, Kabel und Satellit kommen Internet-TV der Telekom sowie die Streamingangebote von ARD, ZDF und kommerziellen Anbietern wie Zattoo und Magine hinzu.
Die Computerzeitschrift c?t hat nachgemessen, welche Zeit das Bildsignal auf den verschiedenen Verbreitungswegen ben�tigt. Das Ergebnis: Im Internet wird zuletzt gejubelt. Beim schwedischen Streamingdienst Magine betr�gt die Zeitdifferenz der c?t-Messung zufolge eben jene 90 Sekunden. Daf�r �bertr�gt dieser Dienst anders als Konkurrent Zattoo die von ARD und ZDF gesendeten Spiele auch kostenfrei in HD-Aufl�sung. Auch das zeitversetzte Anschauen der Begegnungen ist mit Magine m�glich. Zwar immer noch nicht schnell, aber deutlich schneller streamen die beiden �ffentlich-rechtlichen Sender die WM-Bilder �ber ihre Mediathek-Seiten.
Am schnellsten fallen die Tore im klassischen TV
Abgesehen von der un�bertroffen schnellsten �bertragungsart ? dem H�rfunk ? ist man auch in Brasilien mit dem klassischen Fernsehen am besten bedient. In diesem Medium schmelzen die Zeitunterschiede auf wenige Sekunden zusammen. Zuerst gejubelt wird in Haushalten mit Satellitenanlage. Bei Kabelempfang kann es bis zu zehn Sekunden l�nger dauern, bis man genau wei�, warum es in der Nachbarschaft gerade laut geworden ist. Bei T-Entertain dauert es noch einmal ein paar Sekunden mehr.
F�r den reinen Empfang kommt das Internet somit vor allem dann zum Einsatz, wenn der klassische TV-Weg nicht zur Verf�gung steht. Dennoch hat das Turnier in Brasilien die besten Chancen, zur ersten Second-Screen-WM zu werden. Die Sportschau WM App der ARD (iOS und Android) bietet aktuelle Nachrichten, Videoclips, Kaderlisten und Informationen zu den Spielorten in Brasilien.
Zum Beginn der WM am Donnerstag verpasst die ARD der App ein Update mit zahlreichen neuen Funktionen. Die Turnier-Version zeigt die von der ARD �bertragenen Spiele im Live-Stream. Dabei stehen insgesamt sechs Kameraperspektiven zur Wahl. Mit der App kann man au�erdem auch die Highlights aller 64 WM-Partien abrufen. Die wichtigsten Szenen werden aus bis zu 20 verschiedenen Kameraperspektiven gezeigt, darunter eine Totale des Spielfelds und eine Torraum-Perspektive.
Twitter bietet Timelines zu favorisierten L�ndern
Das ZDF hat auf eine eigene WM-App verzichtet. Der Mainzer Sender b�ndelt seine Online-Aktivit�ten in der ZDF-Mediathek. Dar�ber k�nnen sich die Fu�ballfans die Stadion-Totale als zus�tzliche Perspektive zuschalten. In der Rubrik "MyView" werden wichtige Szenen aus verschiedenen Kamera-Perspektiven als Abrufvideo angeboten. In der "Web-Trib�ne" werden Fundst�cke aus den Sozialen Netzwerken gesammelt. Falls man nicht ohnehin Twitter nebenbei im Blick beh�lt. Der Kurznachrichtendienst bietet zur WM spezielle Timelines. Bei der Suche nach #WM2014 l�sst sich die Zeitleiste des favorisierten Landes ausw�hlen. Dann werden alle Tweets zur Weltmeisterschaft von Personen aus dem eigenen Netzwerk sowie relevante Tweets von Teams, Spielern, Trainern, Medien, Fans in den Stadien vor Ort und Prominenten angezeigt. Zudem kann man Timelines zu den einzelnen Spielen ausw�hlen.
Der Live-Ticker des Tagesspiegel-Kooperationspartners 11 Freunde, der 2013 f�r seine unterhaltsamen Kommentare zum Spielgeschehen mit einem Grimme-Online-Award ausgezeichnet wurde, wird zur WM unter anderem vom t�glichen Videobeweis von Philip K�ster begleitet. Die App gibt es sowohl f�r iOS als auch Android. Eine weitere Besonderheit ist das WM-Tagebuch zu jedem Teilnehmerland im Rahmen des Guardian-Netzwerkes.
Die Fu�ball-Euphorie kann allerdings schnell durch Datentarife gebremst werden. Der Empfang eines einzigen Spiels in Standardaufl�sung �ber das Mobilfunknetz frisst ein Inklusivvolumen von 500 Megabyte beinahe vollst�ndig auf. Wann immer verf�gbar sollte darum die Internetverbindung �ber ein WLAN erfolgen. Wer die WM unterwegs anschauen will, ist mit einem DVB-T-Empfangsteil f�r Laptop oder Tablet am besten ger�stet.
Erschienen im Tagesspiegel
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